04.11.2024
„Ich bin einer von ihnen“
Am 28. Oktober verstarb unser Altbischof, Dr. Franz Kamphaus, der von 1982 bis 2007 Bischof von Limburg war. Manchen langjährigen Bewohnern und Mitarbeitern im Haus Elisabeth ist noch sein Besuch, kurz vor dem Ende seiner Amtszeit am 14.07.2006 in Erinnerung, als er das damals neu errichtete Haus 2 feierlich einweihte.
In der gesamten Diözese blieb er aber auch wegen seiner bescheidenen Art und seiner asketischen Lebensführung in Erinnerung; er verzichtete auf die Bezüge als Bischof und begnügte sich mit dem Gehalt eines Priesters, er bewohnte nicht das bischöfliche Haus in der Limburger Altstadt, in dem er zeitweilig eine Flüchtlingsfamilie aus Eritrea unterbrachte, sondern bezog stattdessen ein Zweizimmerapartment im Limburger Priesterseminar. Zu vielen Terminen fuhr er lieber selbst mit seinem alten Opel Kadett anstelle auf die Dienstlimousine und den Chauffeur zurückzugreifen. Sein Wahlspruch lautete: „Evangelizare pauperibus - Den Armen das Evangelium verkünden“ (Lk 4,18).
Seinen Ruhestand verbrachte er im Sankt Vincenzstift, einer Einrichtung der Josefs-Gesellschaft (JG-Gruppe). Hier wurde Bischof Kamphaus fester Bestandteil des alltäglichen Lebens: Beim täglichen Spaziergang konnte man ihn treffen, er aß jeden Tag in der Cafeteria, inmitten von Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Mitarbeitenden, sprach mit jedem, hörte zu, kannte fast jeden mit Namen, war Zuhörer, Begleiter, Unterstützer. Jeder konnte sein Herz bei ihm ausschütten und wusste, sein Anliegen ist gut bei ihm aufgehoben.
Im Nekrolog der Josefs-Gesellschaft über Bischof Kamphaus dürfen wir im Folgenden Herrn Dr. Lucas, den Vorstandsvorsitzenden der JG-Gruppe zitieren:
Er war nicht nur gern gesehen, er war vor allem eines: Seelsorger. Gottesdienste, Gespräche, Begleitung bei Sterbefällen in der Einrichtung, Einweihung von Gebäuden – Bischof Kamphaus war immer dabei und mittendrin. Auch wenn das Alter in den vergangenen Jahren seinen Tribut forderte – er interessierte sich bis zum Ende für das Wohlergehen der Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mitarbeitenden.
Unter dem Titel „Der Rand wird zur Mitte“ beschrieb Bischof Kamphaus ein Jahr nach seinem Einzug in einem längeren Artikel seine Erfahrungen mit den Menschen im Sankt Vincenzstift: „Ich bin mit Menschen zusammen, von denen die meisten nicht sprechen können – und doch viel zu sagen haben, allein durch ihr Dasein: „Seht ihr – sagen sie – wie behindert ihr seid: behindert durch eure Wahnvorstellung, ihr müsstet immer fit und rundum belastbar, ihr dürftet von niemandem abhängig sein; ihr müsstet alles selbst in den Griff bekommen …‘ Festgefahrene und verengte Bilder vom geglückten Leben werden aufgebrochen. Man entdeckt am Anderen, mit den Grenzen des eigenen Lebens umzugehen! Man lernt einen respektvollen Umgang mit Verschiedenheiten, ohne immer wieder die alten Muster von besser und schlechter zu traktieren. Selbsttäuschungen zerbrechen sehr schnell, vor allem die heute so beliebte Vorstellung, aus eigener Kraft oder mit vereinten Kräften „ganzheitlich“ und „heil“ zu werden. Behinderte Menschen geben deutlich zu erkennen, dass das eine Illusion ist. Sie bezeugen: Unser Leben ist endlich und hat Grenzen.“
‚Herr Bischof, Du‘ – das war die Anrede der Bewohnerinnen und Bewohner für Bischof em. Franz Kamphaus. Keine Scheu, keine Distanz – der Bischof gehört zu ihnen, wie er in dem genannten Artikel schreibt: „Die Sprache meiner Mitbewohnerinnen und Mitbewohner ist unmittelbar, direkt. Nach dem Gottesdienst zur Einführung kam gleich jemand auf mich zu: „Du hast gut gepredigt, aber viel zu lang.“ Es geht darum, unsere großen biblischen Wörter zu elementarisieren, ohne dabei banal zu werden. Man muss sich abschminken, Sprüche zu klopfen. Es kommt darauf an, ebenerdig zu reden und zu leben.“
Das Sankt Vincenzstift brachte für Bischof Kamphaus die Erkenntnis: „Ich habe das noch nie in meinem Leben so erfahren, dass es das Allerwichtigste ist einfach da zu sein. Entscheidend ist nicht so sehr, was ich sage oder tue, sondern dass ich hier wohne und lebe, einfach dazwischen bin. Wenn ich einige Tage weg bin, kommen anschließend die Fragen: Wo warst du? Warum warst du nicht da? Über Gemeinschaft wird nicht geredet, sie ist da.“
Diese Gemeinschaft trauert um Bischof em. Franz Kamphaus. „Bischof em. Franz Kamphaus wurde im Haus Elisabeth wie im Sankt Vincenzstift und in der gesamten Josefs-Gesellschaft für seine herzliche Art, seine persönlichen Gottesdienste und seinen freundlichen Umgang mit allen Menschen hochgeschätzt.
Die Beisetzung findet am 5. November 2024 in der Bischofsgruft des Limburger Doms statt. Herr, gib Franz Kamphaus die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihm. Herr, lasse ihn ruhen in Frieden. Amen.
Peter Bittermann, Geschäftsführung